Abkehr vom „Boys Club“: Für kleine und mittelständische Unternehmen kann sich Vielfalt auszahlen

13. Dezember 2024

Gerade hat EU-Präsidentin Ursula von der Leysen ihre neue Kommission zusammengestellt: 10 Frauen und 16 Männer. Dabei sollte der „Boys Club“ eigentlich mehr Frauenanteil bekommen. Denn mehr Diversität tut gut – auch in der Wirtschaft.

Über Frauenquoten in Unternehmen wird schon seit Jahrzehnten gestritten. Auch wenn sich einiges getan hat, sind Chefetagen und Aufsichtsräte in Deutschland nach wie vor von Männern dominiert. Die Vergabe der Spitzenposten in der EU zeigt ebenfalls: Trotz der Absichtserklärung, mehr Frauen in die Kommission zu holen, sind am Ende die Männer deutlich in der Mehrheit. Das entspricht aber nicht dem Anteil in der Bevölkerung Europas, denn hier machen Frauen sogar etwas mehr als die Hälfte der Einwohner aus. Geht man von der erwerbstätigen Bevölkerung in der EU aus, liegt der Anteil der Frauen laut Statistischem Bundesamt im Jahr 2022 bei 46,3 Prozent.

In der EU-Kommission ist die Lage etwas schwieriger als in der Wirtschaft, denn es müssen die Interessen aller 27 Mitgliedsländer berücksichtigt werden. Doch auch Unternehmen in Deutschland haben längst nicht so viele Frauen in Führungspositionen, wie man sich auf die Fahnen geschrieben hat. 28,9 Prozent sind es im Jahr 2022 – nur sechs Länder in der EU haben eine schlechtere Quote, wie die Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Länder wie Polen mit 42,9 Prozent oder Schweden mit 41,7 Prozent sind da deutlich weiter. Spitzenreiter Lettland hat sogar einen Frauenanteil von 45 Prozent.

Frauen in Führungspositionen: Gut für den Unternehmenserfolg

Als Personalberater sind wir schon lange davon überzeugt, dass auch kleine und mittlere Unternehmen von mehr weiblicher Führungskraft profitieren können. Heutzutage bekommen die sogenannten Soft Skills wie Empathie oder Kommunikationsfähigkeit einen immer höheren Stellenwert. Bei diesen Kompetenzen haben Frauen oft die Nase vorn. Das sehen auch unsere Headhunter in den Gesprächen, die wir mit Kandidatinnen und Kandidaten führen.

Hinzu kommt, dass nicht nur Frauen und Männer eine unterschiedliche Sichtweise haben oder unterschiedliche Herangehensweisen bei Problemen, sondern auch Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Daher ist nicht nur Gendervielfalt ein Gewinn, sondern auch kulturelle Vielfalt. Denn unterschiedliche Sichtweisen zusammenzubringen, fördert in der Regel Kreativität und Innovationskraft. Das zeigt auch eine Studie der Arbeitsorganisation ILO, die Unternehmen aus 70 Ländern untersucht hat: Unternehmen, die Frauen in Führungspositionen aktiv gefördert haben, waren erfolgreicher als Firmen, die sich darum nicht bemühten. Zwei Drittel der Unternehmen mit Fokus auf weibliche Führungskräfte konnten ihre Gewinne deutlich steigern, teilweise um 10 bis 15 Prozent.

Weiblicher Führungsstil wirkt auch auf Unternehmenskultur

Schon allein diese Gewinnsteigerung sollte Motivation sein, den Frauenanteil in Top-Positionen zu erhöhen. Es sprechen aus Sicht einer Personalberatung aber noch andere Gründe dafür. Der wichtigste ist der Fachkräftemangel. Mehr Frauen als Männer haben in Deutschland einen Hochschulabschluss. Und die meisten von ihnen arbeiten nur in Teilzeit. Dieses Potential sollten Unternehmen nutzen.

Hinzu kommt, dass ein weiblicher Führungsstil die Unternehmenskultur positiv verändern kann und damit auch die Attraktivität als Arbeitgeber. Im Rennen um junge Talente und bei der Bindung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind das entscheidende Punkte. Denn gerade die junge Generation, Gen Z oder auch Y, hat ein größeres Bewusstsein für Gendergerechtigkeit. So sehen qualifizierte Nachwuchskräfte jeden Geschlechts bei der Jobauswahl genau hin, wie das Unternehmen es mit Chancengleichheit und Diversität hält.

KMU oft Vorreiter bei Transformation

Unternehmen, die weiterhin auf althergebrachten Rollenmodellen beharren, haben wenig Chancen gegen jene, die sich der veränderten Gesellschaft anpassen. Das Argument, dass Frauen Kinder bekommen und dann lange aus dem Job sind, zählt nur noch bedingt. Denn die meisten Frauen wünschen sich, schnell ins Arbeitsleben zurückzukehren. Allerdings spielt hier die Flexibilität der Unternehmen eine große Rolle. Doch während es früher schwieriger war, Arbeit und Kinder unter einen Hut zu bringen, sind heutzutage mit Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten die Möglichkeiten für Frauen deutlich besser.

Gerade kleine und mittelständische Unternehmen beweisen schon immer große Flexibilität und können sich schnell an einen veränderten Markt anpassen. Diesen Vorsprung gegenüber großen Unternehmen gilt es auch im Hinblick auf mehr Frauenpower in der Chefetage zu nutzen.

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