Abkehr vom Homeoffice: Wie wichtig ist Präsenz in Unternehmen?

16. Oktober 2024

SAP und Amazon rufen ihre Mitarbeiter zurück ins Büro. Auch viele andere Unternehmen wollen dem Homeoffice am liebsten ein Ende bereiten. Wie wichtig die Arbeit vor Ort tatsächlich ist, daran scheiden sich die Geister.

Eigentlich war SAP einer der Vorreiter des mobilen Arbeitens – alle Beschäftigten sollten sich aussuchen dürfen, von wo sie arbeiten wollen, hieß es nach der Corona-Zeit. Jetzt sollen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter doch wieder, zumindest an drei Tagen in der Woche, ins Büro kommen. Der Internet-Riese Amazon geht noch weiter und möchte seine Angestellten Vollzeit im Büro sehen. Für uns als Headhunter und Personalexperten ist die Forderung nach einer kompletten Rückkehr zur Arbeit vor Ort nicht nachvollziehbar. Allerdings hat Präsenz im Büro viele Vorteile, die für den Erfolg eines Unternehmens entscheidend sein können. Deswegen sehen wir aus der Sicht einer Personalberatung hybride Modelle als zukunftsfähige Lösung an, denn hier werden Interessen von Beschäftigten und Chefetage am besten berücksichtigt.

Kurze Wege und persönlicherer Austausch im Büro

Mal eben Kollegen oder Vorgesetzte etwas fragen? Dafür sind im Homeoffice die Hürden deutlich höher. Zwar können über Messenger-Dienste schnell Nachrichten versendet werden, aber im Büro ist der Austausch persönlicher. Man kann einfach mal bei Kolleginnen und Kollegen oder den Vorgesetzten vorbeischauen und neben einem fachlichen Problem auch ein wenig Smalltalk halten. Zahlreiche Studien unter Führungskräften kommen zu dem Ergebnis, dass die Kommunikation besser ist, wenn sich die Menschen im Büro begegnen. Aber auch Umfragen bei Beschäftigten zeigen, dass sie den persönlichen Austausch und Gespräche in der Kaffeeküche schätzen und dafür gerne ins Büro kommen. Diese ungezwungenen Gespräche wurden während der Corona-Zeit am meisten vermisst. Für den Zusammenhalt des Teams ist der persönliche Austausch ebenfalls unverzichtbar. In Video-Calls geht vieles verloren und insbesondere introvertiertere Menschen melden sich oft kaum noch zu Wort. Gemeinsames Arbeiten und auch mal Feiern schweißt zusammen – auch dafür ist Präsenz wichtig. Virtuelle Geburtstagskuchen können da keinen Ersatz liefern.

Unternehmenskultur braucht Präsenz

Ein Unternehmen lebt von seiner Unternehmenskultur. Sie lässt sich leichter pflegen, wenn die Beschäftigten vor Ort zusammenkommen. Gemeinsame Werte stärken zudem die Verbundenheit zum Unternehmen. Kreativität und Innovation funktionieren häufig ebenfalls besser, wenn man zusammen über Lösungen nachdenkt. Ein weiteres Argument, das die Arbeitgeberseite oft nennt, ist eine höhere Produktivität. Allerdings haben zahlreiche Studien gezeigt, dass die Produktivität im Homeoffice normalerweise eher zunimmt, als dass sie leidet. Dafür spricht, dass in Umfragen die meisten Beschäftigten angeben, sich im Homeoffice besser konzentrieren zu können und somit bestimmte Aufgaben effektiver und schneller erledigen.

Homeoffice oder Büroarbeit – auch eine Typfrage

Wenn wir mit potenziellen Führungskräften sprechen, merken wir schnell, ob der- oder diejenige, eher der Homeoffice- oder der Präsenz-Typ ist. Die einen haben kein Problem, das Team im Homeoffice zu führen und zu motivieren, die anderen haben ihre Stärken im persönlichen Austausch. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt dasselbe: Der eine ist bestens organisiert beim mobilen Arbeiten, andere brauchen die Struktur im Büro.

Für Präsenztage im Büro sowie für Homeoffice-Tage gibt es also gute Argumente. Der größte Teil der Unternehmen in Deutschland verlangt daher nicht die komplette Rückkehr ins Büro. Sie setzen auf hybride Konzepte mit zwei oder drei Tagen vor Ort, an denen dann möglichst viele oder alle Teammitglieder präsent sind – und entsprechend drei oder zwei Tage Homeoffice.

Präsenzpflicht verschreckt Fachkräfte

Unternehmen wären schlecht beraten, wenn sie versuchen, wieder ganz zur Präsenzpflicht zurückzukehren. Längst haben die Menschen die Flexibilität zu schätzen gelernt und für viele wäre eine Verpflichtung ausschließlich im Büro zu arbeiten, ein Grund zu wechseln. Angesichts des Fachkräftemangels kann sich kaum ein Unternehmen leisten, seine Belegschaft so vor den Kopf zu stoßen. Bei vielen Beschäftigten wird die umfassende Präsenzpflicht zudem als mangelndes Vertrauen wahrgenommen. Dann leiden Motivation und Loyalität. Und die jungen Talente geben sich ohnehin kaum mit althergebrachten Arbeitsmodellen zufrieden.

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