Arbeiten im Urlaub – wie sieht es dann mit der Work-Life-Balance aus?
8. Juli 2025
Die Urlaubszeit beginnt und für viele Menschen darf der Laptop im Reisegepäck nicht fehlen. Denn ein Großteil der Arbeitnehmer ist auch im Urlaub für den Arbeitgeber erreichbar. Dabei hat Erholung auch mit Abstand vom Job zu tun.
Nur mal eben ein paar Mails checken, auf eine WhatsApp von Kunden antworten oder per Videokonferenz am Teammeeting teilnehmen – für viele Berufstätige ist das im Urlaub inzwischen selbstverständlich. In einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom geben zwei Drittel der Befragten an, in den Ferien für ihren Arbeitgeber erreichbar zu sein. Bei den Selbständigen liegt der Anteil sogar bei 87 Prozent, während es bei Angestellten immerhin 63 Prozent sind.
Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es nicht. Im Gegenteil – Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern steht vom Gesetz her eine Auszeit vom Job zu, während der sie, außer in Ausnahmefällen, nicht gestört werden dürfen. Doch die Grenze verschwimmt immer mehr, zumal auf dem Smartphone ein Teil der Arbeit erledigt werden kann. Und das ist ja ohnehin überall mit dabei.
Nur 15 Prozent wollen im Urlaub erreichbar sein – Erwartungsdruck ist hoch
Aus Sicht einer Personalberatung sehen wir diese Entwicklung kritisch, denn Studien belegen, dass der Erholungseffekt nachhaltiger ist, wenn man den Urlaub ungestört von Anfragen aus der Firma verbringt. Ständige Erreichbarkeit verursacht Stress und kann auf Dauer krank machen. Zumal nur 15 Prozent der Beschäftigten in der Bitkom-Umfrage angeben, dass sie aus eigenem Antrieb erreichbar sind. In mehr als der Hälfte der Fälle liegt es an der vermuteten oder tatsächlichen Erwartungshaltung anderer: Knapp 60 Prozent der Befragten sagen, dass sie den Eindruck haben, die Kollegen würden das von ihnen erwarten und 52 Prozent gehen ans Smartphone, weil sie davon ausgehen, dass die Vorgesetzten es erwarten.
Gesetzlich ist geregelt, dass Vorgesetzte zwar anrufen dürfen, aber niemand verpflichtet ist, im Urlaub oder auch im Feierabend auf diese Anrufe zu reagieren. Wer nicht erreichbar ist, muss keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen fürchten.
Dennoch – in den überwiegenden Fällen, 66 Prozent, antworten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Urlaub auf Kurznachrichten. Knapp zwei Drittel nehmen bei einem Anruf ab. Mehr als ein Viertel checkt Mails und immerhin noch fast 20 Prozent sind trotz Urlaub bei Videocalls dabei.
Vertretungen benennen und Nichterreichbarkeit unterstützen
Vorgesetzte sollten daher klare Vorgaben machen, damit die Ferienzeit nicht zur Workation wird. Dazu gehören Vertretungsregelungen und konsequentes Einhalten des „Rechts auf Nichterreichbarkeit im Urlaub“, so wie es das Bundesurlaubsgesetz vorschreibt. Je akzeptierter dieser Grundsatz in einem Unternehmen ist, desto unwahrscheinlicher, dass Beschäftigte in Versuchung kommen, im Urlaub zu arbeiten. Jeder Mensch schaltet anders ab, aber ein bisschen Seele baumeln lassen darf es schon sein, das zeigen zumindest zahlreiche Studien zu dem Thema. Wer im Urlaub nicht arbeitet, aber den Urlaub mit einer Aktivität nach der anderen füllt, läuft Gefahr einen „Freizeit-Burnout“ zu erleiden. Die richtige Balance zwischen Aktivität und Nichtstun ist also auch im Urlaub nicht zu unterschätzen.
Ältere sind häufiger im Urlaub erreichbar
Die jüngere Generation scheint die Work-Life-Balance übrigens ernster zu nehmen als ältere Arbeitnehmer: Von den 16- bis 29-Jährigen geben nur 57 Prozent an, dass sie im Sommerurlaub beruflich erreichbar sind. In der Altersgruppe der 50- bis 64-Jährgigen sieht das anders aus – hier sind es 73 Prozent.