Das Paula-Prinzip oder warum Frauen für ihren Job oft überqualifiziert sind

30. Juni 2025

Frauen sind seltener in Chefetagen zu finden, verdienen oft weniger und arbeiten in vielen Fällen auf einer Position, für die sie überqualifiziert sind. Ein Soziologe hat dafür den Begriff vom Paula-Prinzip erschaffen.

Vor kurzem haben wir an dieser Stelle das Peter-Prinzip beschrieben. Es besagt, dass Menschen so lange befördert werden, bis sie das Level ihrer Inkompetenz erreicht haben. Das Paula-Prinzip ist der Gegenentwurf dazu: Hier geht es darum, dass Frauen oft nicht auf den beruflichen Positionen ankommen, für die sie eigentlich qualifiziert wären. Geprägt hat den Begriff der Soziologe Tom Schuller.

Frauen haben bei Beförderungen oft das Nachsehen

Die Arbeitswelt hat sich zwar in den vergangenen Jahrzehnten deutlich gewandelt, so dass es für Frauen insgesamt leichter geworden ist, Karriere zu machen. Dennoch werden sie nach wie vor oft nicht berücksichtigt bei Beförderungen. Auch unsere Headhunter beobachten, dass Frauen in vielen Jobs weniger schnell vorankommen – trotz ausgezeichneter Qualifikation.

Häufig liegt es daran, dass immer noch eine klassische Rollenverteilung herrscht, bei der sich die Frauen um die Kinderbetreuung kümmern. Sie sind oft für mehrere Jahre aus ihrem Beruf raus und kehren meist in Teilzeit zurück – beides klare Bremsen für die Karrierechancen. Auch Schuller sieht in der Rollenverteilung einen Grund für das Paula-Prinzip.

Zwar geht der Trend dahin, dass Männer sich ebenfalls Auszeiten vom Job nehmen und sich um die Kinderbetreuung kümmern, aber eine ausgewogene Verteilung findet nach wie vor nur selten statt: Laut einer Studie waren es vor zwei Jahren nur vier Prozent der Väter, die eine gemeinsame Arbeitsteilung umsetzten. Die Zahl der Väter in Elternzeit hat sich seit ihrer Einführung fast verdoppelt, lag aber im Jahr 2022 mit 1,8 Prozent noch immer auf einem niedrigen Niveau. Hinzu kommt, dass Frauen auch heute noch weniger verdienen als Männer. So ist es oft eine rein wirtschaftliche Rechnung, dass Frauen die Sorgearbeit übernehmen, sich also um Haushalt und Kinder kümmern.

Männer neigen zur Selbstüberschätzung, Frauen zu Selbstzweifeln

Ein weiterer Grund, dass Frauen oft überqualifiziert für ihren Job sind und trotzdem dort bleiben, liegt laut dem Paula-Prinzip in fehlendem Selbstvertrauen. Viele Frauen bewerben sich gar nicht um eine höhere Position, aus Angst, nicht alle Voraussetzungen zu erfüllen oder einen schlechten Job zu machen. Männer dagegen neigen auch unserer Erfahrung als Personalberatung nach eher zu Selbstüberschätzung. Für viele Frauen hat die Karriere zudem nicht die oberste Priorität – ihnen sind andere Dinge wichtiger, wie Familie oder eine ausgeglichene Work-Life-Balance.

Hinzu kommt laut Soziologe Schuller, dass Frauen häufig diskriminiert werden und so schlechtere Chancen auf eine Beförderung haben. Schullers Buch über das Paula-Prinzip ist 2017 erschienen, es ist also noch sehr aktuell. Nach wie vor sieht man nur wenige Frauen in an der Spitze von großen Unternehmen, gibt es die Geschlechter-Lohnlücke und sexuelle Belästigungen durch Vorgesetzte oder Kollegen. Schuller geht außerdem davon aus, dass Frauen schlechter vernetzt sind als Männer, was sich bei Beförderungen ebenfalls negativ auswirken kann.

Mehr Hochschulabsolventinnen als Hochschulabsolventen

Schaut man sich an, dass 36 Prozent der Erstabsolventen an Hochschulen im Jahr 2023 weiblich waren und 28 Prozent männlich, ist klar, dass hier sehr viel Potential liegt, um den Fachkräftemangel abzumildern. Wichtig wäre, dass Unternehmen Frauen aktiv fördern, damit sie die Karriere machen können, für die sie qualifiziert sind. Aber damit allein ist es nicht getan, auch die Bedingungen für Frauen müssen sich weiter verbessern. Dazu zählen vor allem mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten und Homeoffice-Optionen, damit es auch gelingt, Familie und Karriere unter einen Hut zu bringen.

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