Hoffnung für die Zukunft der KMU? So soll die Firmennachfolge erleichtert werden.
31. Juli 2024
Immer mehr kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland verschwinden, weil sie keinen Nachfolger finden. Die Hauptursache dafür ist, dass es an Nachwuchs fehlt. Aber auch das deutsche Unternehmenskaufrecht hat einen Anteil daran. Zumindest das soll künftig etwas einfacher werden.
Rund 3,8 Millionen kleine und mittlere Unternehmen gibt es in Deutschland. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geht davon aus, dass etwa 560.000 von ihnen bis zum Jahr 2026 einen Nachfolger brauchen: Die geburtenstarken Jahrgänge gehen demnächst in Rente. Nach den Baby-Boomern aber lichtet sich das Feld, so dass es insgesamt zu wenig Fachkräfte gibt. Für knapp 80 Prozent der Unternehmer liegt darin der Hauptgrund für das Scheitern der Betriebsübergabe. Doch auch die Bürokratie macht Inhabern und potenziellen Nachfolgern zu schaffen: 28 Prozent der Befragten sehen bürokratische Hürden als Hindernis für eine erfolgreiche Übergabe. Zu diesen Problemen trüben auch gestiegene Energiekosten, Inflation und zum Teil die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen die Zukunftsaussichten.
Vorschläge einer Länder-Kommission: Unternehmenskauf soll vereinfacht werden
Das Land Nordrhein-Westfalen hat sich gemeinsam mit Hessen, Berlin und Niedersachsen Gedanken gemacht, wie man bürokratische Hürden abbauen kann. Herausgekommen sind zwölf Vorschläge zur „Kodifizierung des Unternehmenskaufs“, die vor kurzem der Konferenz der Justizminister und -ministerinnen vorgelegt wurden.
Als Personalberatung für den Mittelstand begleiten wir bei BECKER + PARTNER auch Unternehmensnachfolgen mit unserer Expertise. Eine Vereinfachung der Rahmenbedingungen ist in unseren Augen längst überfällig. Wir erleben häufig im Gespräch mit Unternehmern und Unternehmerinnen, dass sie unterschätzen, wie lange eine Nachfolgeregelung letztlich dauert – und welche Hürden genommen werden müssen. Die Übergabe muss gründlich vorbereitet werden, damit sie reibungslos funktioniert. Das ist ohne externe Experten kaum noch machbar. Und auch mithilfe der Experten kann sie sechs bis zwölf Monate, manchmal sogar mehrere Jahre, in Anspruch nehmen. Schließlich müssen neben betriebswirtschaftlichen und steuerrechtlichen Fragen auch geltendes Arbeitsrecht und Gesellschaftsrecht einbezogen werden.
Lückenhafte Regelungen beim Unternehmenskauf in Deutschland
Aktuell gibt es beim Unternehmenskauf in Deutschland einige Lücken im Regelwerk, wie die Verfasser der Kodifizierungs-Vorschläge beklagen. So heißt es bei aus den Justizministerien der Länder, „weder im Bürgerlichen Gesetzbuch noch im Handelsgesetzbuch existieren Normen, die eine verlässliche Grundlage für Fusionen und Übernahmen bilden.“ Die anwendbaren Rechtsvorschriften würden als untauglich empfunden und daher häufig außer Kraft gesetzt. An ihre Stelle rückten komplexe Vertragswerke. Mit der Ergänzung und Anpassung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften soll es daher mehr Rechtssicherheit geben, erhofft sich die Kodifizierungs-Kommission. Das soll Unternehmenskäufe auch für ausländische Investoren interessanter machen.
Nach den Vorschlägen der Kommission sollen „Vertragsverhältnisse und auch öffentlich-rechtliche Genehmigungen leichter auf Erwerber übergehen“. Das soll die reibungslose Fortsetzung des Geschäftsbetriebs garantieren. Außerdem möchte die Kommission die Notwendigkeit von Beurkundungen reduzieren und Verjährungsfristen vereinheitlichen. „Commercial Corts“, die auf internationale Streitverfahren spezialisiert sind, sollen Gerichte ergänzen. Weitere Regeln betreffen das Rücktrittsrecht bei Mängeln oder die Zahlung des Kaufpreises.
Weiterer Bürokratieabbau muss folgen
Die Vorschläge der Länder-Kommission sind ein erster Schritt. Doch sie allein werden das Problem unserer Meinung nach nicht lösen. Sie müssen begleitet werden von einem weiteren Bürokratieabbau, insbesondere bei Dokumentationspflichten und Genehmigungsverfahren. Sonst werden sich nur die leidensfähigsten Nachwuchsunternehmer auf die Übernahme eines Unternehmens einlassen.
Aber wir von BECKER + PARTNER sehen auch die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Pflicht. Viele beschäftigen sich erst kurz bevor sie sich zurückziehen wollen mit dem Thema. Dabei ist es in Zeiten des Fachkräftemangels entscheidend, schon frühzeitig einen möglichen Nachfolger aufzubauen. Auch bei Familienbetrieben hakt es oft bei der Übergabe. Manchmal wollen die Kinder den Betrieb nicht übernehmen. Aber oft ist die Konstellation schwierig, wenn sich der Firmeninhaber nach der Übergabe weiterhin in die Geschäfte einmischt. Deshalb sollte hier frühzeitig der Wechsel eingeleitet werden und die künftige Rollenverteilung genau geregelt werden.