Arbeit 4.0: Was Beschäftigte in der Arbeitswelt von Morgen erwartet

3. März 2022

Industrie 4.0, Produktion 4.0, Arbeit 4.0 – wann immer es um Zukunft geht, darf der Zusatz 4.0 nicht fehlen. Gemeint ist die vierte industrielle Revolution. Damit steht der Arbeitswelt tatsächlich ein drastischer Wandel bevor. Zumindest, wenn es so kommt, wie sich Personalexperten dieses Arbeitsmodell vorstellen.

Es gibt viele Begriffe, die für die Arbeit der Zukunft stehen: New Work, Agiles Arbeiten oder eben die Arbeitswelt 40 sind die gängigsten. Die Übergänge dabei sind fließend. Arbeit 4.0 meint meist die technischen Möglichkeiten. Bei New Work und agilem Arbeiten geht es darum, wie Menschen künftig zusammenarbeiten. Doch das eine geht nicht ohne das andere.

Die ersten drei industriellen Revolutionen

Immer wieder sind es bahnbrechende Neuerungen, die die Wirtschaft umkrempeln. Ende des 18. Jahrhunderts ist das die Dampfmaschine. Sie leitet die erste industrielle Revolution ein. Damit verändert sich auch die Arbeit – die Menschen zieht es in die Fabriken. Um ihre Rechte zu vertreten, entstehen später die ersten Arbeiterorganisationen. Die Elektrifizierung markiert die nächste industrielle Revolution. Sie ermöglicht dem Autobauer Henry Ford die Einführung von Fließbändern und damit effiziente Produktionsbedingungen. Weltweit wird Fließbandarbeit Standard. Immer mehr Menschen kommen in die Städte, aber nicht alle finden dort Arbeit. Die soziale Frage verschärft sich. Der Druck von Arbeiterorganisationen führt schließlich zur Einführung der ersten Sozialversicherungen in Deutschland.

In den 1970er Jahren kommen Computer auf, die zehn Jahre später ihren Siegeszug in Büros und Privathaushalte fortsetzen. Sie verändern die Produktion, denn viele Arbeitsschritte laufen computergesteuert ab. Gleichzeitig wächst der Dienstleistungssektor und es entstehen vermehrt Bürojobs. Die dritte industrielle Revolution führt geradewegs zur Wohlstandsgesellschaft.

Digitalisierung der Arbeitswelt & Mobilität

Ursprung der vierten industriellen Revolution ist das Internet. 1969 gelingt es in den USA zum ersten Mal vier Großrechner miteinander zu verbinden. Doch erst die technischen Voraussetzungen wie schnelle Übertragungsraten, günstige und leistungsfähige Computer und Smartphones rücken eine umfassende Vernetzung in greifbare Nähe. Mobilität und Digitalisierung sind die entscheidenden Bestandteile.

Sie machen die neue Form von Arbeit aus, denn plötzlich verlagert sich der Arbeitsplatz an jeden beliebigen Ort, an dem es Internet gibt. Homeoffice und Remote Arbeit sind spätestens seit Corona salonfähig und werden auch in Zukunft Teil von flexiblen Arbeitsverhältnissen sein.

Vorsprung durch Technik

Die technischen Voraussetzungen für mobiles Arbeiten sind da: Dokumente liegen in Clouds und sind so für alle Beteiligten von überall verfügbar. Videokonferenz-Apps ermöglichen digitale Team-Meetings. Schichtleiter steuern die Produktion mittlerweile oft per App.

Künstliche Intelligenz ist bereits in den meisten Branchen angekommen. Chatbots kümmern sich um Kundenanfragen, selbstlernende Roboter verbessern Produktionsabläufe und auch beim Recruiting ist künstliche Intelligenz im Einsatz.

Grundlage dafür sind ultraschnelle Datenleitungen. So können riesige Datenmengen quasi in Echtzeit ausgetauscht werden. Aber auch die Nachfrage verändert sich. Neue Produkte und Dienstleistungen sind gefragt. Und vieles, was früher aufwendig in der Werkhalle hergestellt wurde, kommt heute per Knopfdruck aus dem 3D-Drucker.

Starre Hierarchien sind von gestern

Organisation und Führung funktionieren in der Arbeitswelt 40 ebenfalls anders. Statt starrer Hierarchien sind jetzt Eigenverantwortung und Flexibilität gefragt. Die meisten Beschäftigten wünschen sich schon längst mehr Verantwortung im Job. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Führungskräfte Verantwortung an ihre Mitarbeiter abgeben. Sie selbst übernehmen dann eher die Rolle eines Coaches und unterstützen ihr Team dabei, selbstständig Lösungen zu finden. So lassen sich langwierige Abstimmungsprozesse verkürzen.

Die meisten Prozesse sind mittlerweile so komplex, dass eine Person allein gar nicht mehr den Überblick über alles haben kann. Daher verändern sich die Aufgabenbereiche: Weg vom Abteilungsleiter hin zu Verantwortlichen, die für jeweils einen Schritt der Produktion zuständig sind. Agiles Arbeiten bedeutet aber auch, Fehler zuzulassen und die Erkenntnisse daraus positiv zu verwerten. Doch Agilität fällt nicht vom Himmel. Deswegen sollten Unternehmen den Wandel gut vorbereiten und durch Experten unterstützen.

Für Personalberater muss das Ziel sein, Unternehmer und Entscheider auch in der Arbeitswelt 4.0 dort abzuholen, wo sie sich am besten angesprochen fühlen, so Klaus Becker von Becker & Partner. Er ist überzeugt, dass „das am besten authentisch, unkompliziert und möglichst auf direktem Weg funktioniert“.

Arbeitstempo erhöht sich ständig

Die schöne neue Arbeitswelt hat allerdings auch ihre Schattenseiten. Das Arbeitstempo wird immer schneller. Hinzu kommt, dass in den vergangenen Jahrzehnten mehr Aufgaben auf weniger Mitarbeitende verteilt wurden. Knapp 80 Prozent der Beschäftigten leiden unter der zunehmenden Arbeitsintensität, wie eine Studie der Hans Böckler Stiftung zeigt. Sie fühlen sich ständig unter Zeitdruck und bemängeln, dass nicht genug Personal eingestellt wird.

Homeoffice ist Fluch und Segen zugleich – einerseits erlaubt es dem Menschen ihre Arbeit flexibler zu koordinieren. Andererseits besteht die Gefahr durch ständige Erreichbarkeit Schaden zu nehmen. Burn-out und psychische Erkrankungen sind im schlimmsten Fall die Folgen.

Arbeit 4.0 als Heilmittel?

Für kleine und mittelständische Unternehmen ist der Wandel der Arbeitswelt eine besondere Herausforderung. Sie müssen nicht nur die Digitalisierung meistern, sondern kämpfen gleichzeitig damit, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. Dazu kommt die Transformation zu klimaneutralen Produktionsprozessen. Dennoch liegt in der Arbeit 4.0 auch eine große Chance, genau diese Probleme zu lösen.

Die Transformation stellt Ansprüche – nicht nur an die Beschäftigten, sondern auch an die Unternehmerinnen und Unternehmer. Mit welchen Herausforderungen sie zu kämpfen haben und wie sie zu meistern ist, ist Thema des nächsten Artikels.