Was Wechselgründe über den Charakter eines Kandidaten verraten

14. Juni 2022

Von der Lehre bis zur Rente im selben Unternehmen – solche Lebensläufe gibt es kaum noch. Arbeitnehmer wechseln im Schnitt viermal in ihrem Berufsleben den Job, Tendenz steigend. Die Gründe dafür sind vielfältig. Aber sie sagen auch viel über die Persönlichkeit des Kandidaten aus.

Wer auf der Karriereleiter nach oben kommen will, sollte sein Können in verschiedenen Unternehmen unter Beweis stellen. Daher raten Personalexperten dazu, nach drei bis fünf Jahren den Job zu wechseln. Wer allerdings zu oft einen neuen Job sucht, erweckt schnell den Eindruck, wenig loyal oder nicht teamfähig zu sein. Wenn wir von Becker + Partner einen Kandidaten oder eine Kandidatin empfehlen, kommt es uns vor allem auf die Motivation für den Wechsel an und welchen Nutzen es für beide Seiten gibt.

Auf zu neuen Ufern

Die Suche nach einer neuen Herausforderung ist zwar mittlerweile ein ziemlich strapazierter Begriff. Trotzdem ist es nach wie vor einer der wichtigsten Gründe den alten Arbeitgeber zu verlassen. Für uns ist es wichtig, dass der Kandidat ihn mit Leben füllen kann und konkret sagt, welche Herausforderung er sucht, und wie er sie meistern will. Grundsätzlich lässt sich daran erkennen, dass der Bewerber bereit ist, sich auf etwas Neues einzulassen und mehr Verantwortung zu übernehmen – sei es, dass er größere Projekte oder mehr Führungsaufgaben übernehmen will. Eine höhere Position ist ebenfalls ein klassischer Wechselgrund. Insbesondere in mittelständischen Unternehmen ist aber nicht immer zum richtigen Zeitpunkt eine Führungsposition frei. Daher bleibt Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die weiterkommen wollen, nur der Wechsel zu einem anderen Unternehmen.

Geld bedeutet Wertschätzung

Natürlich geht es auch um ein besseres Gehalt, wenn man sich auf die Suche nach einem neuen Job macht. Geld ist nun mal ein Zeichen der Wertschätzung. Zwar wird niemand, dem an der neuen Position gelegen ist, mit der Türe ins Haus fallen und das als Motivation für die Bewerbung angeben. Allerdings sollten Personalverantwortliche davor auch nicht die Augen verschließen. Und wer in Zeiten des Fachkräftemangels einen Top-Kandidaten haben möchte, sollte bereit sein, ihn angemessen zu bezahlen.

Es gibt selbstverständlich noch eine Reihe anderer Gründe, weshalb Beschäftigte ihr Unternehmen verlassen. Eine der häufigsten Ursachen ist das Verhältnis zum Chef, wie Umfragen belegen. Gute Chefinnen und Chefs sind rar gesät, daher ist das in unseren Augen ein völlig legitimer Grund. Aber es gilt die goldene Regel, dass man über seine ehemaligen Vorgesetzten nicht schlecht redet. Für Personalverantwortliche ist das ein deutliches Signal fehlender Professionalität.
Meist stimmt jedoch das Gesamtpaket nicht: Schlechtes Betriebsklima, mangelnde Wertschätzung, wenig Flexibilität und dann noch eine schlechte Bezahlung. Kein Wunder, dass laut Umfragen die Hälfte aller Beschäftigten nicht zufrieden ist mit ihrem Job. Wenn wir mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten sprechen, merken wir, dass viele sich für einen Job mit spannenden Aufgaben und einem guten Betriebsklima einen Wechsel vorstellen können.

Top-Kandidat*innen wollen weiterkommen

Viel zu häufig wird meiner Meinung nach unterschätzt, dass den Beschäftigten Möglichkeiten zur Entwicklung fehlen und sie deswegen etwas Neues suchen. Uns ist dabei wichtig, dass der Kandidat sich bewusst für eine berufliche Veränderung entscheidet und Lust darauf hat – nicht einfach nur die Nase voll hat von seinem alten Job.

Quereinsteiger willkommen

Oft sehnen sich die Menschen nach vielen Jahren im selben Beruf nach einem kompletten Neustart. Und immer mehr Unternehmen geben Quereinsteigern eine Chance. Das liegt nur teilweise am Mangel an hochqualifiziertem Personal, denn als erfahrene Personalberatung finden wir auch in schweren Zeiten den geeigneten Kandidaten. Es zeigt sich auch, dass Seiteneinsteiger eine hohe Motivation und Lernbereitschaft mitbringen. Schließlich haben sich die meisten von ihnen intensiv mit dem Thema Neuorientierung beschäftigt und sich aus Überzeugung für die neue Branche oder das neue Arbeitsfeld entschieden. Auch wir haben schon viele Quereinsteiger erfolgreich vermittelt und können sagen, dass es ein Gewinn für beide Seiten ist.

Auf der Suche nach dem Cultural Fit

Bewerber suchen heutzutage oft nicht einfach einen neuen Job, sondern ihren Wunsch-Arbeitgeber. Sie möchten beispielsweise für ein Unternehmen arbeiten, das eine bestimmte Unternehmenskultur lebt. Das kann eine schlanke Hierarchie sein mit viel Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeit. Oder wenn das Unternehmen an Zukunfts-Technologien arbeitet. Der Cultural Fit ist heute für Personalverantwortliche ebenfalls ein entscheidendes Kriterium – das oft sogar die fachliche Qualifikation aussticht. Denn sie wissen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich mit ihrer Arbeit identifizieren können und einen Sinn darin sehen, meist hochmotiviert sind.

Häufige Wechsel lassen erstmal die Alarmglocken läuten

Alle Personalexperten werden hellhörig, wenn jemand in kurzen Abständen häufig den Job gewechselt hat. Schließlich denkt der künftige Arbeitgeber zuerst, dass derjenige sich schlecht ins Team einfügt, sich eventuell nicht durchsetzen kann oder Probleme mit Vorgesetzten haben könnte. Aber auch für häufigere Wechsel kann es gute Begründungen geben. Wichtig für unsere Rolle als Personalberater ist, dass die Kandidatinnen und Kandidaten ehrlich über ihre Motive sprechen und die Wechsel nachvollziehbar sind.