Bewerben für Fortgeschrittene

7. Januar 2013

Berufserfahrung ist kein Garant für professionelle Selbstdarstellung. Wer jahrelang erfolgreich in seinem Beruf gearbeitet hat, kann sich mit seinen Stärken und Fähigkeiten auch erfolgreich selbst präsentieren. Was sich folgerichtig anhört, funktioniert oft bei der ersten Bewerbung nach langer Zeit überhaupt nicht. „Hohe Qualifikation und große Berufserfahrung bedeuten noch lange keine gute Bewerbung“, sagt Sabine Lansing aus dem nordhessischen Bad Karlshafen, die für die Münchener Outplacementberatung OBM Fach- und Führungskräfte in neue Jobs vermittelt.

Als lizensierte Trainerin für Umgangsformen leitet sie außerdem Knigge-Seminare und coacht Menschen während der Bewerbungsphase. Klaus Becker, Personalberater aus dem Rhein Main Gebiet, kennt das Problem: „Wir haben promovierte Experten, die Koryphäen auf ihrem Fachgebiet sind, sich mit der Eigendarstellung jedoch sehr schwer tun“, sagt der Headhunter, der sich mit seiner Firma, der Klaus Becker Personalberatung + Partner und Managementberatung für den Mittelstand PartG., darauf spezialisiert hat, Industriebetriebe mit dringend gesuchten Spezialisten zu versorgen.

Für Menschen ohne aktuelle Bewerbungserfahrung, ist der schnelle Griff nach einem der unzähligen Bewerbungsratgeber im nächsten Buchladen einfach zu verlockend. Mit entsprechenden Vorlagen und Mustertexten sind die eigenen Bewerbungsunterlagen im Handumdrehen fertig, sehen gut aus und entsprechen zumindest formal den Anforderungen. Gerne überlesen werden dabei die Stellen der Ratgeber, an denen Autoren darauf drängen, sich zunächst ausführlich mit der eigenen Karrieresituation, den Stärken, Schwächen und Wünschen zu befassen, um diese dann mit dem Anforderungsprofil einer ausgeschriebenen Stelle in Einklang zu bringen. „Viele Bewerbungen sind ein ‚All das ist bei mir im Angebot’, anstatt der bewussten Auseinandersetzung mit einer Stellenanzeige“, sagen Sabine Lansing und Klaus Becker.

Durch das beschleunigte Verfahren der E-Mail-Bewerbung unterbleibt nach den Erfahrungen der Karriereberater häufig das Korrekturlesen – Flüchtigkeitsfehler sind die Folge. Ein weiterer Fehler sei die falsche Eigenpräsentation: „Die Bewerbung für einen Vertriebler sieht inhaltlich anders aus als die für einen Techniker. Die für eine Führungsposition anders als für einen Sachbearbeiter.“ Wichtig sei außerdem das professionelle Bewerbungsfoto. „Tragen Sie auf dem Bild die Kleidung, die im angestrebten Arbeitsumfeld oder bei externen Terminen angemessen wäre.“ Sichtbare Tattoos und Piercings könnten in manchen Unternehmen zum Ausschluss führen.

Wie Sabine Lansing hat auch Klaus Becker vor allem mit hoch qualifizierten und berufserfahrenen Kandidaten zu tun. Bis auf einige Ausreißer sei die Qualität der Bewerbungen aber gut. „Mitarbeiter aus dem Vertrieb stellen sich in der Regel gut und ausführlich vor, in technischen Bereichen fällt die Präsentation oft etwas kurz aus.“ Inhaltlich wünscht sich Klaus Becker vor allem Fakten im Lebenslauf: Stichworte zum Tätigkeitsbereich, persönliche Erfolge – und das alles so konkret wie möglich. Wer seine Bewerbung zu knapp oder zu ausführlich gestaltet, ein schlechtes Foto mitliefert oder sich sehr zurückhaltend präsentiert, bekomme Probleme, sagt Klaus Becker. K.O.-Kriterien sind für den Personalberater außerdem falsche Gehaltsvorstellungen, schlechte Verfügbarkeit oder schleppende Kommunikation: „Mit jemandem, der auf Nachfragen per Mail oder Mobiltelefon nicht wie üblich innerhalb von 24 Stunden reagiert, kann ich schlecht zusammen arbeiten“, sagt Becker.

Wer sich lange nicht mit dem Thema Bewerbung auseinander gesetzt hat, vertraut am besten auf professionelle Hilfe. „Das Thema Karriere und berufliche Zukunft wird häufig nicht genug durchdacht und professionell verfolgt“, meint Sabine Lansing. In Seminaren oder beim Coaching kann vom passenden Berufsbild über die Bewerbung bis zum Auftreten vieles gemeinsam mit Bewerbungsprofis erarbeitet werden. Auch wer sich bei Personalberatern wie Klaus Becker bewirbt, bekommt Unterstützung: die wichtigsten Fakten des Bewerbers stellt der Berater für den Kunden zusammen und kommt es zum Vorstellungsgespräch, ist der Berater ebenfalls dabei und kann dem Kandidaten Tipps für die Vorbereitung geben.