An interkultureller Kommunikation kommen auch KMU kaum vorbei

24. Juli 2023

Interkulturelle Kommunikation ist schon lange kein Spezialwissen mehr für Führungskräfte von internationalen Unternehmen. Auch in kleinen und mittelständischen Firmen arbeiten heutzutage immer mehr Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammen. Das birgt Konfliktpotential – eröffnet aber auch viele Chancen.

Viele Wege führen nach Rom, lautet ein altes Sprichwort. Auf die Arbeitswelt übertragen, bedeutet das nichts anderes, als dass es immer mehr als eine Lösung für ein Problem gibt. Und je unterschiedlicher die Mitglieder eines Teams, desto eher werden sie innovative Lösungen finden. Deswegen sehen wir aus der Sicht einer Personalberatung interkulturelle Teams als großes Plus, wenn es um agiles Arbeiten und neue Denkansätze geht. Allerdings ist die Gefahr von Missverständnissen größer, wenn mehrere Kulturen aufeinandertreffen. Wichtig ist daher in unseren Augen, ein besseres Verständnis füreinander zu schaffen. Kommunikation ist an sich bereits eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Bei der interkulturellen Kommunikation gibt es noch ein paar Fallstricke mehr zu beachten.

Andere Länder, anderes Feedback

Ein oft zu wenig beachteter Unterschied ist die Feedbackkultur. Während in Europa gerne klare Ansagen gemacht werden, wird negatives Feedback in den USA oder China lieber gut verpackt geäußert. Vorgesetzte betonen erst einmal, was gut gelaufen ist, und erwähnen die Kritik dann eher beiläufig. In einem interkulturellen Team kann beides zu Problemen führen: Chinesen, Inder oder US-Amerikaner, bei denen direkte Kritik weniger verbreitet ist, könnten sich durch harsche Kritik vor den Kopf gestoßen fühlen. Europäer dagegen laufen Gefahr, vorsichtig geäußerte Kritik gar nicht mitzubekommen und entsprechend auch nichts zu verändern.

Vorgesetzte sollten daher ihre eigene kulturelle Brille absetzen, damit hier keine Konflikte entstehen. Aus unserer Erfahrung als Personalberater ist eine offene Kommunikation das A und O. Anstatt die eigenen Vorstellungen zu transportieren, sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach ihrer Sicht auf eine bestimmte Situation oder ein Ereignis fragen und sich tolerant für andere Ideen und Lösungen zeigen. Kommunikation ist auch deshalb so wichtig, weil sie hilft, die Denkweise des Gesprächspartners besser zu verstehen. Wenn man weiß, warum eine Person etwas tut, ist die Akzeptanz in der Regel größer.

Niemand verliert gerne sein Gesicht

In vielen Ländern wird großer Wert daraufgelegt, das Gesicht zu wahren. Jemanden vor versammelter Mannschaft zu kritisieren, wäre daher ein schwer wiedergutzumachender Fehler. Letztlich empfinden auch Beschäftigte aus dem europäischen Kulturkreis ein solches Abkanzeln oft als demütigend. Daher sollten Führungskräfte darauf achten, Feedback zu geben, ohne das Gegenüber herabzusetzen – in vielen Fällen besteht hier noch Nachholbedarf.

Geht es um Arbeit 4.0 heißt es häufig, wie wichtig es ist, dass die Beschäftigten als Menschen mit all ihren Stärken und Schwächen willkommen sein sollen. So ist es auch bei der Zusammenarbeit von Menschen mit verschiedenem kulturellen Background – eine vorurteils- und wertfreie Gesprächsführung trägt dazu bei, dass sich jeder im Team wertgeschätzt fühlt.

Gleichzeitig ist die Zusammenarbeit von Menschen mit unterschiedlicher kultureller Prägung ein Gewinn für Unternehmen. Schließlich gelingt Fortschritt meist dadurch, dass man sich mit komplett anderen Denkmustern auseinandersetzt.

Deutsche Tugenden sind nicht universell

Pünktlichkeit und Perfektion: Diese Eigenschaften werden vor allem Deutschen zugeschrieben. Jahrzehntelang waren sie gleichzeitig ein Aushängeschild für Qualität. Auch wenn das schon lange Risse bekommen hat, legen viele Vorgesetzte weiterhin großen Wert auf diese sogenannten deutschen Tugenden. Doch anstatt die eigenen Werte auf das gesamte Team zu übertragen, sollten Führungskräfte Unterschiede respektieren: Gute Ergebnisse lassen sich beispielsweise auch mit flexiblen Arbeitszeiten erzielen.

Wichtiger als ein starres Regel-Korsett, sind in unseren Augen als Headhunter individuelle Förderung und Freiraum, damit die Menschen sich entwickeln können. Dabei sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern ebenso zu berücksichtigen, wie Unterschiede zwischen Jung und Alt und eben die kulturelle Prägung. Zugegeben, ein interkulturelles Team zu führen, ist aufwendiger und erfordert viel Fingerspitzengefühl und Empathie. Doch der Aufwand lohnt sich, denn es zeigt sich immer wieder, dass Vielfalt im Team Innovation und Produktivität steigern kann.

Interkulturelle Kompetenz gegen Fachkräftemangel

Aufgrund der Globalisierung und des Fachkräftemangels führt letztlich kein Weg an einer gewissen Internationalität vorbei. Schon jetzt werben auch kleine und mittelständische Unternehmen Fachkräfte aus dem europäischen Ausland an. Zudem gilt es, Migranten in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Wenn die Prognosen der Wirtschaftsexperten sich bewahrheiten, lässt sich der Mangel an Fachkräften in Deutschland nur mit Zuwanderung lösen. Für die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen könnte interkulturelle Kompetenz daher entscheidend sein.

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