Mindful Leadership: Mit achtsamer Führung ins neue Jahr
17. Januar 2024
Digitalisierung, ein höheres Arbeitstempo, Remote Work und ständige Erreichbarkeit bestimmen die Arbeitswelt von heute. Insbesondere die Anforderungen an Führungskräfte wachsen. Um hier zu bestehen, setzen immer mehr Menschen auf ein altes Konzept: Einfach mal innehalten, beziehungsweise Mindful Leadership.
Gerade die Zeit zwischen den Jahren ist für viele Menschen die Zeit Bilanz zu ziehen und gute Vorsätze zu treffen. Weniger Stress und weniger Druck stehen dabei ganz oben auf der To-do-Liste. Achtsamkeit lautet dafür das Schlüsselwort. Denn wer sich und den Moment wahrnimmt, ist resilienter. Doch nicht nur für einen selbst wirkt sich Achtsamkeit positiv aus, achtsame Führung sorgt auch für mehr Produktivität, Motivation und Zufriedenheit.
Klassische Führungsstile sterben aus – Mindful Leadership ist gefragt
Früher waren die Führungsetagen voll mit Menschen, die mit einem unbedingten Willen zur Macht dorthin gekommen sind und entsprechend autoritär aufgetreten sind. Inzwischen haben sich die Ansprüche an Mitarbeiterführung grundlegend gewandelt. Klassische Führungsstile von autoritär bis Laissez-faire befinden sich auf dem Rückzug. Stattdessen sind authentische oder situative Führungsstile gefordert: Vorgesetzte müssen ansprechbar sein, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiterentwickeln, motivieren und eher als Coach, denn als Vorgesetzte auftreten. Zugleich sollen sie Projekte erfolgreich umsetzen und die Transformation ihres Unternehmens mitgestalten.
Damit sie mit den gestiegenen Anforderungen besser umgehen können, raten auch Arbeitspsychologen zu mehr Achtsamkeit. In allen Bereichen des Lebens hält die Selbstwahrnehmung Einzug. Es ist nur folgerichtig, dass sie sich in der Arbeitswelt ebenfalls verbreitet. Mindful Leadership oder zu deutsch, Achtsam führen, ist daher in vielen Chefetagen angekommen.
Was bedeutet Mindful Leadership?
Achtsamkeit bedeutet, im Hier und Jetzt zu sein – also nicht während eines Gesprächs bereits die weitere ToDo-Liste für die Woche durchzugehen, im Meeting die Präsentation für den nächsten Tag vorzubereiten und während eines Telefonats noch schnell ein paar Mails beantworten. Achtsame Führung ist in erster Linie eine bewusste Art der Selbstführung. Die volle Aufmerksamkeit gilt der gegenwärtigen Situation beziehungsweise dem jeweiligen Gegenüber. Diese Fokussierung ermöglicht es, Situationen umfassender wahrzunehmen und Vertrauen aufzubauen. Ganz entscheidend ist ein anderer Punkt der Achtsamkeit: Nicht zu urteilen. Man hält inne und tritt einen Schritt zur Seite, denn eigene Bewertungen und Emotionen sollen keine Rolle spielen.
Als Personalberater sehen wir diese Veränderung im Führungsstil sehr positiv. Unserer Erfahrung nach zeigt sich, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich so eher wahrgenommen und respektiert fühlen. Vorgesetzte, die während eines Gesprächs bereits in den Problem-Lösungs-Modus übergehen, übersehen zudem häufig den eigentlichen Kern des Problems. Wer dagegen geduldig und wertfrei einfach nur zuhört, zeigt Empathie. Häufig entstehen auf diese Weise auch kreative Lösungsansätze. Wichtig ist jedoch, dass Zeit und Raum dafür gegeben werden.
„Es geht vom Ich zum Wir“
Für die Psychotherapeutin Main Huong Nguyen ist Mitgefühl eine ganz wichtige Stärke für Vorgesetzte: „Es geht vom Ich zum Wir. Ich leite ein ganzes Team, ein ganzes Unternehmen und so sollte ich mich verhalten“, sagt sie im Podcast „Achtsam“. Auch Bescheidenheit ist mittlerweile mehr als nur eine Zier – Führungskräfte sollten zwar ehrgeizig sein, aber dazu auch bescheiden. Schließlich geht es um nicht mehr um das eigene Ego, sondern um die Auswirkungen für das Unternehmen, das Team oder sogar für die ganze Gesellschaft.
Im Alltag unserer Personalberatung erleben wir sehr oft, wie sich die Ansprüche an Fach- und Führungskräfte verändert haben. Die Fülle der Aufgaben ist gewachsen und die Zeiten, in denen eine Aufgabe ungestört erledigt wurde, sind vorbei. Das ständige Multitasking führt aber auch zu verminderter Konzentrationsfähigkeit, Erschöpfung und letztlich oft zu mehr Fehlern. Einen achtsameren Umgang mit sich und anderen können wir daher nur unterstützen.
Achtsamkeit ist eine Säule des Buddhismus
Das Konzept der Achtsamkeit stammt aus dem Buddhismus und ist über 2500 Jahre alt. In den 70er Jahren entwickelte der emeritierte Professor und Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn ein achtwöchiges Achtsamkeits-Programm, um besser mit Stress umzugehen. Die positive Wirkung der Meditationsübungen des „Mindfulness Based Stress Reduction“-Trainings ist durch Studien belegt und sie werden auch heute noch gelehrt. Mittlerweile sind viele andere Achtsamkeitsprogramme für die Arbeitswelt entstanden. „Search inside yourself“ heißt ein verbreitetes Programm, das 2007 durch einen Google-Ingenieur entstanden ist – in Zusammenarbeit mit Achtsamkeits-Pionier Kabat-Zinn. Auch dabei geht es um Meditationstechniken zur Verbesserung der Selbstwahrnehmung, sowie für mehr Zufriedenheit und Gelassenheit.
Nicht nur Google setzt auf Achtsamkeitstrainings, auch immer mehr kleine und mittelständische Unternehmen schätzen die positiven Effekte für die Beschäftigten. Mehr Gelassenheit und weniger Stress erhöhen die Zufriedenheit und senken die Fehlzeiten. Hinzu kommt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich ihrem Arbeitgeber intensiver verbunden fühlen – ihre Wechselbereitschaft nimmt ab.