Neues Jahr, altes Problem: Fachkräftemangel bleibt 2023 wichtigstes HR-Thema

13. Februar 2023

Es ist ein ziemlich gesicherter Blick in die Glaskugel, wenn Headhunter und Recruiting-Experten sagen, der Fachkräftemangel werde sich in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Für Unternehmen heißt das, sie müssen jungen Talenten einiges bieten, um sie für sich zu gewinnen. Unter anderem ein gutes Gehalt.

Ende 2022 geht das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von knapp zwei Millionen offenen Stellen in Deutschland aus. Zwar sind die Konjunktur-Aussichten für das kommende Jahr deutlich eingetrübt, dennoch dürfte die Arbeitslosigkeit nach Expertenansicht nicht spürbar steigen. Zudem steht der Renteneintritt der geburtenstarken Jahrgänge erst noch bevor. Und trotz Zuwanderung kommen nach wie vor zu wenig neue Arbeitskräfte nach.

Insofern überrascht es nicht, dass drei Viertel der Personalverantwortlichen laut einer Umfrage des F.A.Z.-Instituts davon ausgehen, dass die Personalbeschaffung 2023 das Top-Thema ist.

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und kooperative Führungsstile sind gefragt

Andererseits stellen wir als Personalberater häufig fest, dass sich nur langsam etwas ändert, um junge Fachkräfte anzulocken: Viele Unternehmen hängen an alten Arbeitsmodellen, können sich mit Remote-Arbeit nur bedingt anfreunden oder pochen auf jahrelang gewachsene Hierarchien. Damit lässt sich die neue Generation von Beschäftigten aber immer seltener abspeisen – ebenso wenig, wie mit einem niedrigen Gehalt. Und angesichts der Mangellage sind sie in einer komfortablen Situation.

Die jüngsten Tarifabschlüsse der Gewerkschaften zeigen bereits einen Trend zu höheren Gehältern. Damit werden allerdings meist nur die Inflationsfolgen etwas abgemildert. Der ehemalige Strategieexperte des Marktforschungsunternehmens Qualtrics, Roland Abel, geht daher davon aus, dass das Gehalt insbesondere angesichts der Teuerungsraten ein wichtiges Thema für die Beschäftigten ist. Daher sollten sich „Unternehmen darüber im Klaren sein, zu welchen Gehaltskompromissen sie bereit sind, um Spitzenkräfte zu halten.“ Und auch bei Neueinstellungen kommen Unternehmen künftig nicht mehr umhin, höhere Gehaltsforderungen zu akzeptieren.

Schnelles Feedback – oder die Kandidaten sind schnell weg

Wer keine Zugeständnisse bekommt, versucht es lieber bei einem anderen Arbeitgeber, anstatt Kompromisse zu machen. Das merken auch die Personalverantwortlichen: In einer Studie des Karrierenetzwerks Xing gaben fast alle Befragten an, dass ihnen Bewerberinnen und Bewerber während des Bewerbungsprozesses abgesprungen sind. 24 Prozent sagten sogar, dass das häufig oder sehr häufig der Fall war.

Das liegt oft auch an aufwendigen und langatmigen Bewerbungsprozessen. Aus unserer Erfahrung wollen die Kandidatinnen und Kandidaten schnell ein Feedback. In großen Unternehmen dauert der Weg durch die Instanzen jedoch meist Wochen oder sogar Monate. Kein Wunder, wenn sich Bewerber dann für andere Angebote entscheiden.

Kleine und mittelständische Unternehmen sind hier unserer Meinung aber im Vorteil: Ihre Entscheidungswege sind meist kürzer, und das sollten sie nutzen. Was die Einführung neuer Recruiting-Kanäle angeht, können kleinere Unternehmen ebenfalls schneller handeln und beispielsweise auf Bewerbungen per WhatsApp oder anderer Social-Media-Plattformen setzen. Allerdings sind aktuell erst etwas mehr als die Hälfte der Personalverantwortlichen offen dafür, wie die Xing-Umfrage zeigt. Dabei ist es unerlässlich, insbesondere die Generation Z dort abzuholen, wo sie ihren Alltag verbringt. Und das sind Instagram, Tik Tok oder Youtube. Auch eine  Personalberatung darf diesen Fakt nicht ignorieren und sollte Social Recruiting als möglichen Weg zum Ziel beherrschen.

Active Sourcing und Direct Search werden wichtiger

Zwei Drittel der HR-Experten geben in der Xing-Umfrage an, dass die gezielte Ansprache von Fachkräften künftig bedeutsamer wird. Ein Trend, den wir begrüßen, denn sowohl mit Active Sourcing als auch durch Direct Search finden Unternehmen schneller ein passendes Match. Schließlich kann man so leichter nach Kandidaten mit den gewünschten Fähigkeiten, aber auch Interessen filtern. Und je besser Unternehmen und Kandidat zusammenpassen, desto wahrscheinlicher ist es, dass es zu einer langfristigen Zusammenarbeit kommt.

Jede Direktansprache oder auch jede Stellenanzeige kann sich für Unternehmen für die Zukunft ebenfalls als nützlich erweisen. 60 Prozent der Recruiter sehen darin eine Möglichkeit, um mögliche Kandidatinnen und Kandidaten bei Bedarf anzusprechen. Daher ist der Aufbau von Talent-Pools in immer mehr HR-Abteilungen Thema.

Der Arbeitnehmermangel wird die Wirtschaft in Deutschland weiter beschäftigen. Der Start ins neue Jahr ist sicher ein guter Zeitpunkt, sich darauf einzustellen und neue Wege zu gehen, um Fachkräfte zu finden und von sich zu überzeugen.

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